Niklas Uder, 20. April 2020
Matthias Lehmann1 eruiert in seinem Beitrag „EU Law-Making 2.0: The Prospect of a European Business2“ , der im März 2020 in der European Review of Private Law erschienen ist, die Notwendigkeit und Durchführbarkeit einer Kodifizierung des EU-Wirtschaftsrechts und schlussfolgert, dass ein einheitliches EU-Wirtschaftsrecht unabdingbar ist, um die Binnenmarktagenda zu vervollständigen.
Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass eine stärkere steuerrechtliche fiskalische Koordinierung allein für die Komplementierung der Währungsunion mit der notwendigen wirtschaftlichen Integration nicht ausreicht. Um die großen Unterschiede der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Mitgliedstaaten zu überwinden, ist die Schaffung gleicher rechtlicher Voraussetzungen erforderlich. Rechtsvergleichende und rechtsgeschichtliche Belege zeigen, dass die Harmonisierung des Wirtschaftsrechts der Harmonisierung des Zivilrechts vorausgeht und dass das eine nicht zwangsläufig zum anderen führt. Das Scheitern früherer Kodifizierungsbemühungen im Bereich des Zivilrechts steht somit einem einheitlichen Wirtschaftsrecht nicht im Wege.
Matthias Lehmanns Beitrag bewertet die gesetzgeberische Herangehensweise der Europäischen Union kritisch, insbesondere ihren fragmentierten, technokratischen und hochkomplexen Stil. Initiativen wie das Regulatory Fitness and Performance (REFIT) Progamm und der Better-Law Making Ansatz reichen nicht aus, um die Mängel der EU-Gesetzgebung zu beheben. Notwendig ist eine klare Struktur, ein verständlicher Stil und ein prinzipienbasierter Regulierungsansatz.
Gegenargumente gegen eine Kodifizierung, wie der Verlust des Wettbewerbs der Rechtsordnungen, die Gefahren einer stärkeren Zentralisierung oder dessen rein formale Natur, werden diskutiert. Eine Rechtsgrundlage für die Vereinheitlichung des Wirtschaftsrechts wird identifiziert und die Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der begrenzten Einzelermächtigung sichergestellt. Abschließend werden die Rechtsform und der Geltungsbereich, der Inhalt sowie die Struktur eines EU-Wirtschaftsrechts und dessen gerichtliche Anwendung erläutert.
Die Zeitschrift European Review of Private Law ist abrufbar unter https://kluwerlawonline.com
Niklas Uder
niklas.uder@wirtschaftsgesetzbuch.de
1 Matthias Lehmann, D.E.A (Paris 2), LL.M., J.S.D. (Columbia), ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Universität Bonn
2 Matthias Lehmann, „EU Law-Making 2.0: The Prospect of a European Business Code“, (2020), 28, European Review of Private Law, Issue 3, pp. 73-106.